Autor: Kurt O. Wörl
Moderne Digitalkameras ab einer bestimmten Preisklasse bieten die Möglichkeit, entweder Fotos im JPEG- oder im RAW-Format (Rohformat) aufzunehmen. Auch moderne Smartphones bieten inzwischen die Möglichkeit, zwischen mehreren Aufnahmeformaten (JPEG, RAW, HEIC usw.) zu wählen. Doch mit Smartphones wollen wir uns in diesem Beitrag nicht näher befassen.
Anfänger in der Fotografie werden in aller Regel zunächst ihre Fotos im JPEG-Format aufnehmen und erst wenn sie sich mit den Vorzügen der RAW-Fotografie vertraut gemacht haben, das RAW-Format wählen.
Um für unsere Anwendungszwecke das für unsere Projekte richtige Format wählen zu können, ist es erforderlich zu wissen, wodurch sich die Formate JPEG und RAW unterscheiden, was ihre Vor- und Nachteile sind.
Unterschiede zwischen JPEG- und RAW-Format
Ein im JPEG-Format aufgenommenes Foto erkennt man an den Dateiendungen „JPG“ oder „JPEG“. JPG-Bilder sind fertige Fotos in einem Bitmap-Format, das heißt sie haben den Vorteil, dass man sie so, wie sie aus der Kamera kommen, bereits verwenden, ausdrucken, teilen, im Internet veröffentlichen kann. JPEG ist zudem ein Format mit Kompression, das möglichst kleine Dateien gewährleistet
Nicht so bei Fotos im RAW-Format. Eine RAW-Datei ist ein technisches Format, es liefert lediglich die Bild- und Kameradaten in einem Format, das nach Belieben verlustfrei bearbeitet werden kann und keine Kompression verwendet. Deshalb benötigen RAW-Dateien auch deutlich mehr Speicherplatz. Erst wenn die Bearbeitung in einem RAW-Konverter abgeschlossen ist, können daraus verlustfrei Fotos in einem Bitmap-Format (JPEG, TIFF, BMP usw.) generiert werden, die dann wie JPEG-Bilder aus der Kamera verwendet werden können.
Die Dateiendungen für RAW-Dateien unterscheiden sich je nach Kamerahersteller. RAW-Dateien aus NIKON-Kameras haben z.B. die Dateiendung „NEF“ oder „NRW“. Bei Canon-Kameras enden die RAW-Dateien auf „CRW“, bei Leica auf „RAW“ usw. Die Dateiendungen bei RAW-Dateien spielen keine Rolle, deshalb können die Hersteller diese auch nach eigenen Vorstellungen wählen.
Technische Unterschiede zwischen JPEG- und RAW-Format
JPEG-Bilder sind, wie bereits erwähnt, fertige Fotos, die sofort genutzt werden können. Alle Kameraeinstellungen, wie Weißabgleich, Belichtung, ISO-Werte, Farbraum (sRGB oder AdobeRGB usw.) Motivprogramme usw. wurden vom Prozessor der Kamera direkt auf die Bildausgabe übertragen.
Nichts so bei RAW-Bildern. RAW-Bilder bestehen – kurz zusammengefasst – aus den Daten, die der Kamerasensor bei der Belichtung aufgenommen hat (also das, was der Sensor durch das Objektiv „gesehen“ hat). Die Kameraeinstellungen, wie Weißabgleich, Belichtung, ISO-Werte, Farbraum usw. werden vom Prozessor der Kamera in gesonderten Datenncontainern innerhalb der RAW-Datei gespeichert. Sie greifen also nicht direkt in die RAW-Daten des Fotos ein. Außerdem ist in der RAW-Datei auch noch ein kleines JPG-Bildchen abgelegt, das allerdings nur als Vorschaubild dient, damit man in der Kamera das aufgenommene Motiv beurteilen kann.
In den Datencontainern der RAW-Datei sind auch noch die Aufnahmewerte in einer 12-Bit, 14-Bit und bei einigen Kameras sogar 16-Bit-Darstellung abgelegt. Damit werden die Helligkeitswerte in 4.096, 16.384 oder gar 65.536 Abstufungen abgelegt. Das erlaubt bei der Entwicklung/Bearbeitung der Bilder im RAW-Konverter eine sehr viel präzisere Bildbearbeitung als sie das JPEG-Format, das Helligkeitswerte nur in 256 Abstufungen gestattet, erlaubt.
Werden bei der Aufnahme im RAW-Format Kameraprogramme, wie Schwarz/Weiß oder Motivprogramme vorgegeben, so werden diese in der RAW-Ausgabe zunächst ignoriert und lediglich im – für die Entwicklung unbedeutenden – Vorschau-JPEG angezeigt. Das heißt, im RAW-Format werden diese Werte noch nicht mit Wirkung auf die vom Sensor aufgenommenen Fotos verarbeitet, sondern lediglich in einer Tabelle in den Datencontainern der RAW-Datei abgelegt. Das erkennt man daran, dass bei der Vorwahl, z.B. einer Schwarz-/Weiß-Aufnahme in der Kamera, im RAW-Konverter später dennoch alle Farbinformationen zur Verfügung stehen, aus einem Schwarz/Weiß-Foto auch wieder ein Farbfoto generiert werden könnte.
Unterschiede bei der Entwicklung/Bearbeitung von JPEG- und RAW-Aufnahmen
Wie eingangs erwähnt, sind JPEG-Aufnahmen bereits fertige und nutzbare Fotos. Diese können in Bildbearbeitungsprogrammen nachbearbeitet werden, doch ist es wichtig zu wissen, dass jede, aber auch wirklich jede Bearbeitung eines Bitmap-Bildes im JPEG-Format destruktiv ist, dass also ein Bild mit jeder erneuten Bearbeitung an Qualität verliert. Ferner mit jedem Aufruf und Neuabspeichern eines JPEG-Fotos gehen weitere Informationen durch die Kompression verloren, werden die Bilder auch unschärfer. Das liegt zum einen daran, dass JPEG ein Kompressionsverfahren nutzt, bei dem mehrere sehr ähnliche Farben zu einem einzigen Wert zusammengefasst werden. Bereits die Farbabstufungen leiden darunter sehr. Mit jedem Nachbearbeiten werden erneut ähnliche Farben zusammengefasst zu einer einzigen, was schließlich im Bild zu sichtbaren Fragmentierungen und Farbstufungen (häufig z.B. im Himmelsblau) führt. Da JPEG außerdem nur über 256-Helligkeitsabstufungen verfügt, kann dies bereits bei sehr wenigen Eingriffen in das Foto geschehen.
JPEG-Fotografen sollten also möglichst so präzise Fotografieren, sodass im Idealfall ein Foto direkt aus der Kamera verwendet werden kann und keine Nachbearbeitung erforderlich ist.
RAW-Fotos im RAW-Konverter entwickeln
Anders bei der Entwicklung eines RAW-Format-Fotos: Die Entwicklung eines solchen Bildes erfolgt erst im bereits erwähnten RAW-Konverter (z.B. Lightroom, DxO Photolab, Nikon NX Studio, RAW-Therapee, auch Photoshop hat im Paket einen einfachen RAW-Konverter an Bord) am PC (oder AppleMac). Der RAW-Konverter ersetzt die Bildentwicklungssoftware, mit der Kameras JPEG-Bilder entwickeln und abspeichern. Der Fotograf hat damit schier unendliche Möglichkeiten mit Konverter-Werkzeugen für die Bildbearbeitung zur Verfügung und jedes einzelne Werkzeug hat keinerlei direkte Auswirkung auf die RAW-Daten. Und jede Einstellung der Kamera kann nachträglich – ohne Qualitätsverlust – auch wieder zurückgenommen/geändert werden (z.B. der Weißabgleich). Zudem sind diese Konverter-Werkzeuge sehr viel präziser, als jene, die in den Kameras wirken (vor allem beim Entrauschen kann bis heute keine Kamera mithalten ggü. den oft bereits KI-unterstützten Werkzeugen der RAW-Konverter).
Ein weiterer Vorteil ist, dass man im RAW-Konverter jederzeit auch den Farbraum frei wählen kann (sRGB, AdobeRGB, DCI-P3, Wide Gamut usw.). Ich nutze z.B. grundsätzlich den Wide Gamut-Farbraum, der weit über das sichtbare Farbspektrum hinausreicht, also alle anderen Farbräume enthält. Erst beim Abspeichern meines entwickelten RAW-Fotos in ein Bitmapformat (JPEG oder TIFF u.ä.) wähle ich den Farbraum danach aus, wo das Bild voraussichtlich genutzt werden soll. Sollen diese auf iPhones, iPads, Mac-Computern oder hochwertigen Fotografen-Moitoren gezeigt werden, dann wähle ich zum Abspeichern den DCI-P3-Farbraum. Sollen die Bilder im Internet verwendet werden und bei jedem Betrachter (egal welchen Monitor er nutzt) gleich aussehen, dann wähle ich zur Bildausgabe den sRGB-Farbraum. Soll ein Foto auf einem OLED-Fernseher oder auf Fotopapier oder Leinwand ausgedruckt werden, dann wähle ich zur Bildausgabe den AdobeRGB-Farbraum (erforderlich, weil beim Drucken die Monitorfarben Rot, Grün und Blau in das CMYK-Farbmodell für Drucker – also Cyan, Magenta, Yellow, Kontrast – gewandelt werden müssen), die nahezu den AdobeRGB-Farbraum darstellen können.
Bei JPEG-Fotos hingegen wirkt der in der Kamera voreingestellte Farbraum sofort (in der Regel kann man zwischen sRGB und AdobeRGB wählen). Der kleinste Farbraum ist sRGB. Bei diesem kann nur ein Bruchteil des gesamten Farbraums abgebildet werden. Vor allem in den Grünabstufungen gehen bei sRGB viele Farbinformationen verloren. Diese werden zu Grüntönen im sRGB-Farbraum zuaddiert, was oft zu unnatürlicher Farbdarstellung etwa bei Wiesen- oder Baummotiven führt. Ist ein JPEG-Foto von der Kamera im sRGB-Farbraum abgespeichert, kann dieser nachträglich nicht mehr erweitert werden. Deutlich weiter ist der Farbraum AdobeRGB. Doch ergibt die Nutzung größerer Farbräume nur dann Sinn, wenn auch der Monitor, auf dem das Bild betrachtet wird, diese darstellen kann. Die meisten preiswerten Standard-Monitore können nur sRGB darstellen. Um die gesamte Farbskala nutzen und darstellen zu können, benötigt man einen Monitor der mindestens AdobeRGB, besser noch den DCI-P3-Farbraum darstellen kann (das sind in der Regel z.B. Monitore von Apple, iPhones und iPads oder hochpreisige PC-Monitore für Fotografen).
Das heißt: Wer nur einen Standard-Monitor besitzt, der nur sRGB darstellen kann, sollte während des gesamten Prozesses, von der Kameraaufnahme bis zur Ausgabe nach Bearbeitung auch in diesem Farbraum bleiben. Bilder in einem anderen Farbraum würden auf sRGB-Monitoren in unnatürlichen Farben und meist sehr flau erscheinen.
In jedem Fall ist es aber unerlässlich, dass der Monitor, an dem Fotos beurteilt und bearbeitet werden sollen, vorher präzise farbkalibiert wurde. Vor allem preiswerte Standard- oder Büromonitore sind von der Werkseite in aller Regel mit hohem Blauanteil voreingestellt. Das würde beim Bearbeiten dazu führen, dass vor allem die Rotanteile viel zu gesättigt eingestellt werden, was beim Ausdruck zu rotstichigen Fotos führt Zum Kalibrieren benötigt man ein Kalibriergerät (z.B. Spyder, von Datacolor) und die erforderliche Software dazu.
Resümee
Wer Fotos sofort aus der Kamera, ohne Nachbearbeitung, verwenden, teilen, drucken möchte, der kann natürlich mit seiner Kamera gleich im JPEG-Format fotografieren. Wer aber hochwertige Bilder selbst entwickeln möchte, ist gut beraten, im RAW-Format zu fotografieren und im RAW-Konverter seinen Vorstellungen entsprechend zu bearbeiten.
Übrigens kann man bei einigen Kameras voreinstellen, dass jedes aufgenommene Foto sowohl im JPEG- als auch im RAW-Format auf der Speicherkarte abgelegt wird. Das ist für jene ideal, die sowohl Fotos sofort teilen, als auch professionell am PC bearbeiten möchten.