Viltrox AF 85mm f/1.8 MKII Z

Autor: Kurt O. Wörl

Wow, das hätte ich nicht gedacht! Ich kämpfte schon länger mit mir, ein gutes Portrait-Objektiv zu kaufen und scheute bislang das hohe Preisniveau in dieser Festbrennweitensparte, zumal der Markt für den Nikon-Z-Mount immer noch recht übersichtlich ist. Sowohl das Nikkor Z 85mm f/1.8 S, das derzeit für rund 700 EUR zu erstehen ist, schien mir zu teuer und erstrecht ließ mein Budget das Nikkor Z 85mm f/1.2 S, das rund 3.000 EU in die Kasse bohrt, nicht zu.

Zufällig stieß ich, auf der Suche nach anderem Foto-Equipment, auf die von Rollei vertriebenen VILTROX-Objektive, darunter auch das Viltrox AF 85mm f1.8 Z (Mark II) aus chinesischer Fertigung, das bislang für etwas über 400 EUR angeboten wurde. Mein erster Gedankengang war: China = billig = Schrott = nicht kaufen!

Erstaunt war ich dann, als ich in einer ganzen Reihe von Testberichten unerwartet nur gute Testurteile für dieses Objektiv las. Das “foto-Magazin” vergab das Prädikat “super” mit 5 von 5 Sternen, “Fototest” ein “sehr gut” mit 88,8 von 100 Punkten und 4,5 von 5 Sternen, “Zielfoto” wertet mit 4,5 von fünf Sternen, in “Testberichte” wird die Note 1,0, also “sehr gut”, vergeben. Das Objektiv gibt es auch für andere Kameras und auch für deren Mount wird das Objektiv durchwegs so gut bewertet.

Letztendlich überzeugt haben mich die Messergebnisse, die “heise-online” bereits 2021 veröffentlicht hat. Heise verglich das Viltrox-Objektiv mit dem Nikkor 85mm f/1.8 S – und da schnitt das Fremdhersteller-Produkt ebenfalls recht gut ab. Heise testete die Objektive allerdings an der Nikon Z 7, die mit 46,9 Megapixel fast die doppelte Auflösung meiner Nikon Z 6II hat. So war zu erwarten, dass das Objektiv an letzterer noch sehr viel überzeugendere Ergebnisse liefert.

Nachdem Rollei das Objektiv in einer Rabatt-Aktion für 299 EUR anbot, stand mein Entschluss fest und ich dachte: “299 EUR, da ist nicht allzu viel Geld kaputt, wenn das Objektiv doch nicht meinen Ansprüchen genügen sollte. Außerdem kann ich es beim Online-Kauf ja auch wieder zurückgeben, wenn es mich nicht überzeugt”. So schritt ich zur Tat. Bis es eintraf las ich noch in diversen Fotografenforen, was die Praktiker von dem Objektiv halten und auch hier waren in Summe die Beurteilungen nur positiv – mit zwei Ausnahmen:

  • Bemängelt wurde wiederholt, dass das Objektiv im Schnitt bei einer von 20 Aufnahmen den Auto-Fokus nicht ganz stabil hielt (Focus-Breathing, ein Mangel allerdings, der nach dem Firmware-Update sofort behoben war).
  • Das von heise-online im Vergleich ausgemessene Nikkor 85mm f/1.8 S schnitt bei der Schärfe im Randbereich geringfügig besser ab. Dafür hat das Viltrox in Sachen Schärfe ab Blende 2.8 die Nase vor dem Nikkor, das seine Bestleistung erst ab Blende f/4.0 erreicht.

Nach drei Tagen hielt ich das neue Baby in den Händen und was soll ich sagen: Ich bin begeistert! – Den Mangel, dass das Objektiv hie und da den Fokus nicht hielt, stellte ich zwar ebenfalls fest, doch das Firmware-Update, das explizit für diesen Mangel entwickelt wurde und von der Viltrox-Web-Präsenz heruntergeladen werden kann, beseitigte diesen Mangel vollständig.

Das Update ist übrigens simpel und anwendnerfreundlich durchführbar und man benötigt nicht, wie etwa bei Sigma-Objektiven, einen teuren Update-Adapter. Man schließt das Objektiv über den im Bajonett integrierten USB-C Anschluss einfach an den PC an und das Objektiv meldet sich am Computer als eigenständiges Laufwerk. Man kopiert die vorher entpackte Update-Datei einfach in dieses Laufwerk und nach nur drei Sekunden ist das Firmware-Update komplett.

Sämtliche Auto-Fokusarten, auch die neuen mit Augen- und Tieraugenerkennung, funktionieren einwandfrei und sehr schnell, bei keiner Aufnahme verlor das Objektiv nach dem Update mehr den Fokus, auch nicht beim Augenfokus, wenn sich die Person vor der Kamera bewegt.

Das in Metallbauweise gefertigte Objektiv selbst kommt sehr wertig herüber. Es hat keinen eigenen Bildstabilisator, nutzt aber den der Kamera sehr zuverlässig. Als Bedienelement gibt es am Objektiv nur einen breiten, gut bedienbaren und geschmeidig drehbaren Fokusring, falls man manuelles Fokussieren bevorzugt. Mitgeliefert wird auch eine aufsetzbare Bajonett-Gegenlichtblende, die nach dem Eindrehen einrastet. Die Naheinstellgrenze liegt bei 80 cm (ein Makro-Objektiv ist es damit nicht, will es auch nicht sein).

Das Objektiv liefert ein unerwartet samtweiches, atemberaubendes Bokeh und das Freistellen macht damit richtig Spaß. Lichtquellen im Bokeh zeigen sich als kreisrunde Lichtflecken, ebenfalls samtweich ins Bokeh integriert. In einigen Vergleichstests im Netz ist praktisch kaum ein Unterschied zu den beiden teuren Nikkor-Objektiven feststellbar, lediglich die Mikrokontraste sind bei dem 3.000 EUR-Nikkor-Objektiv geringfügig deutlicher, was aber nur mit Mühe beim direkten Vergleich feststellbar ist.

Und scharf ist das Objektiv, selbst bei Offenblende. Die Testberichte sprechen bei Offenblende f/1.8 von guten bis sehr guten und beim Abblenden ab etwa Blende 2.8 von ausgezeichneten Werten. Kleinstmögliche Blende ist f/16. Kurzum: Hätte das Viltrox-Objektiv jetzt noch eine Spritzwasserabdichtung wie die Nikkor-Objektive, wäre es für mich perfekt.

Mein Resümee

Nicht chinesisch = billig = Schrott sondern überaus preiswert und überragend gut finde ich das Objektiv. Unten, nach den technischen Daten, habe ich eine kleine Galerie von meinen Erstversuchen mit dem Objektiv angehängt.

Technische Daten

Brennweite 85 mm
Sensorformat Vollformat
APS-C (Cropfaktor ca. 1,5, je nach Sensorgröße)
Linsen/Gruppen 10 Linsen, 7 Gruppen inkl. ED-Linsen
Größter Abbildungsmaßstab 1:8,0
Maximale Blende 1,8
Minimale Blende 16
Blendenlamellen 9
Nahgrenze 80 cm
Filtergewinde 72 mm
Abmessungen 74 x 90 mm
Gewicht 530 g
Mount Nikon Z
Firmware-Update USB-C-Anschluss im Bajonett integriert
mitgeliefertes Zubehör Streulichtblende, Objektiv- und Bajonett-Deckel, Stofftasche

Galerie


Wichtiger Hinweis zu dieser Produktinformation:

Ich betreibe keine bezahlte Werbung! Wenn ich – sehr selten – auf meiner Site auf Produkte hinweise, so erfolgt dies ausschließlich aufgrund meiner eigenen Erfahrung, mit selbstverständlich aus eigenen Mitteln erworbenen Produkten und weil ich die Bekanntgabe nützlich für andere Fotografen halte. Soll heißen: Ich unterhalte keine Werbeverträge mit irgendwelchen Herstellern, beziehe für meine Empfehlung folglich auch keine materielle oder monetäre Gegenleistung.

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